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Actros-Taxi: Werbung wirkt, wenn drüber geredet wird. Wirklich?

Der neue Actros als Taxi. Quelle: Daimler AG

Stell Dir vor – Du bist bei einem Geschäftspartner, der Dir in langen Besprechungen und noch längeren Präsentationen die Vorzüge seines Produktes erklärt. Und dann gehst Du vor dir Tür und willst nach Hause – da steht der Wettbewerber und erklärt Dir sein Produkt nicht nur, sondern zeigt es Dir – live und in Farbe. Frech? Guerilla? Clever?

Letztens so gesehen – nicht von irgendeinem wilden Start-up, sondern von der Weltmarke Mercedes-Benz.

Das Actros-Taxi

Zur Markteinführung des neuen Flagschiffs der LKW-Produktpalette hat Mercedes-Benz diesen neuen Actros als Taxi in München eingesetzt. An sich schon witzig, aber noch eins drauf gesetzt: Gesteuert über eine Taxizentrale wurde das Actros-Taxi bei Taxiruf zu den Unternehmenszentralen der Wettbewerber MAN und Volvo geschickt.

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Die Besucher der Headquarters von MAN und Volvo werden von einem Mercedes abgeholt – nicht in den Besprechungsräumen drüber reden, sondern den Wettbewerber live er-fahren.

Werbung, die wirkt

Was ist das Besondere an dieser Aktion?

  • Überraschungseffekt: wer ist schon mal von einem LKW-Taxi abgeholt worden? Das wird der Besucher nicht so schnell vergessen und sicher überall erzählen
  • Botschaft: Nicht drüber reden, machen – Mercedes muss sich nicht verstecken
  • Mood: Besucher ist möglicherweise gestresst, im Zeitdruck auf dem Weg zum Flughafen, Fahrt muss organisiert werden – Mercedes löst Dein Problem
  • Frech: Kundennutzen im Hoheitsgebiet des Wettbewerbers geschaffen
  • Und zu guter letzt natürlich Produktkommunikation: Fahrgast kann sich live und in Farbe von den Produktvorteilen des neuen LKW überzeugen

Auf den ersten Blick perfekte Produkt– und Markenkommunikation.

Aber ist wirklich die Produktkommunikation im Fokus? Es lassen sich nur wenige Kundenkontakte schaffen, und die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet einer der transportierten Fahrgäste in naher Zukunft einen Actros kaufen will, ist relativ gering. Typischerweise sind viele Geschäftspartner, aber nicht unbedingt Kunden zu Besuch in den Unternehmenszentralen. Nur in den seltensten Fällen der Fahrgast auch ein Kaufentscheider sein.

Virales Marketing

Also: Zielgruppe nicht erreicht, oder? Was tun? „Go Viral“ sagt der versierte Werber und bedient die entsprechenden Kanäle, wie Blogs und YouTube.

Ergebnis: Enorme Resonanz, die Message wird zum Lauffeuer. Man spricht drüber. Online!

Ist das Ziel damit erreicht? Was ist Sinn und Zweck der Werbung? Zielgruppe ansprechen, potentielle Kunden überzeugen. Aber was ist, wenn ich den Kunden gar nicht direkt erreiche? Welcher Spediteur facebooked, twittert und youtubed?

Das ist hier sekundär, denn er hat Kinder, Freunde und Bekannte, die online sind. Und ihm von dieser Aktion erzählen. Damit verschiebt sich die Kommunikationsbotschaft vom direkten Produkterlebnis zu viel weiter gestreuten Markenkommunikation.

Markenwerbung ist, wenn man drüber redet

Und deswegen finde ich diese Aktion ein Meisterstück: Auf den ersten Blick eine Produktwerbung. Aber bei genauerem Hinsehen aus Sicht der Zielgruppe LKW-Käufer ist es Markenwerbung: Mercedes ist da, wenn Du Hilfe brauchst. Zuverlässig. Und scheut keinen Vergleich mit dem Wettbewerb.

Touché.

Die 5 wichtigsten Erfolgsfaktoren für „going viral“

Wenn Ihr auch eine „social media“, „viral“, „guerilla“ oder sonstige Kampagne plant – hier sind die Tipps dazu:

  1. Sei überraschend: der Tipp ist nicht überraschend, aber nur wenn Du etwas tust, mit dem keiner rechnet bekommst Du die Aufmerksamkeit.
  2. Nicht kommunizieren: Du kannst die Kampagne nicht bewerben oder streuen. Wenn sie gut ist, verbreitet sie sich von alleine, wenn sie schlecht ist, interessiert es auch niemanden, selbst wenn Du sie überall kommunizierst.
  3. Nicht die Aktion zählt: Nicht die Aktion selber, sondern die Dokumentation der Aktion ist das entscheidende – und das ist das, was sich verbreitet. Aber dazu muss die Aktion natürlich schon das Potential haben.
  4. Die Zielgruppe ist uninteressant: Du kannst ohnehin nicht steuern, wer wen auf Deine Kampagne aufmerksam macht und die Links streut – versuch daher erst gar nicht.
  5. Keine Produktkommunikation: der Grossteil der Leute, den Du mit der Kampagne erreichst hat Dein Produkt noch nie benutzt und wird es wahrscheinlich auch nie tun. Mach Dir daher klar, dass es sich um eine Markenkommunikation und keine Produktkommunikation handelt.

[highlight]Update: Burkhard Schneider hat in seinem Best Practice Business Blog diesen Beitrag aufgegriffen und sehr schön weiterverarbeitet.[/highlight]

Habt Ihr Beispiele für erfolgreiche Social-Viral-Kampagnen? Aus Eurem eigenen Umfeld? Die Kommentare sind geöffnet!

Video und Bild: Daimler AG

Christoph
Christophhttps://www.marktding.de/christoph-ludewig
betreibt Marktding.de. Ausserdem ist er B2B-Marketer und Stratege mit einer Vorliebe für Wachstumsstrategien und der Entwicklung und Vermarktung von Dienstleistungen und technischen Produkten. Sein besonderes Faible gilt der Entwicklung von produktbegleitenden Dienstleistungen. Mehr über Christoph hier im Blog.

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