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Sind Blogger die schlechteren Journalisten?

Eine Journalistin sagt die Teilnahme an einer Presseveranstaltung ab. Soweit nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist aber die Begründung. Es seien auch Blogger zu der Veranstaltung eingeladen. Damit könne es keine „richtige“ Presseveranstaltung sein und sie würde zu „so einer“ Veranstaltung nicht kommen.

(Das Beispiel ist nicht konstruiert. Da ich aber niemanden bloßtellen möchte und es mir auch nicht um die handelnden Personen geht, sind die Namen von Veranstalter und Journalist nicht relevant für diesen Beitrag.)

Ich war von der Reaktion überrascht. Hat die Journalistin überheblich reagiert? Will sie sich nicht mit Vertretern neuer Medien auseinandersetzen? Oder will sie damit nur sagen, dass Journalisten und Blogger von PR-Bereichen unterschiedlich angesprochen werden müssen?

Es geht aber auch andersherum: Im Februar 2014 wurde dem Politikblog netzpolitik.org (zunächst) die Akkreditierung für die Berichterstattung aus dem Deutschen Bundestag verweigert mit der Begründung, es handle sich um einen Blog und keinen Journalismus. Blogger Relations sieht anders aus.

Was unterscheidet Blogger von Journalisten?

Blogger und Journalisten sind unterschiedlich, unbestritten. Wobei auch Blogger Journalisten sein können. Und umgekehrt.

Aber es gibt ein paar grundlegende Unterschiede zwischen Bloggern und Journalisten (die aber nicht „schwarz/weiss“ zu sehen sind)

  • Ausbildung: Die meisten Journalisten sind in ihrem Beruf ausgebildet, viele Blogger nicht.
  • Lebensunterhalt: Journalisten verdienen mit dem Schreiben ihren Lebensunterhalt, die überwiegende Mehrheit der Blogger betreibt ihren Blog als Hobby.
  • Zeitaufwand: Journalisten betreiben Journalismus hauptberuflich und damit 8 und mehr Stunden am Tag. Den Zeitbedarf, den ein Blogger in seinen Blog investiert, schwankt stark – wenige bis sehr viele Stunden pro Woche in ihrer Freizeit.
  • Schreibstil: Natürlich recherchieren Blogger und Journalisten ihre Inhalte gleichermaßen gewissenhaft, der Schreibstil unterscheidet sich jedoch deutlich. Journalisten schreiben eher sachlich, informativ, objektiv. Der Charme eines Blogs liegt zu großen Teilen in der persönlichen Note, die ein Blogger in seine Texte einfliessen lässt.
  • Marke: Die persönliche Note der Beiträge und des Blogs führt bei einem Blogger eher dazu, dass er von seinen Lesern als Person wahrgenommen wird. Ein Journalist verschwindet oftmals hinter dem Medium, für das er berichtet.

Oder zusammenfassend: Für einen Journalisten ist seine Tätigkeit ein Beruf, Blogger nehmen ihren Blog sehr persönlich.

Dabei soll all das Gesagte nicht wertend sein – das eine ist nicht besser als das andere. Und um es nochmal zu betonen: zwischen dem „Schwarz“ und „Weiss“ gibt es auch viele Graustufen, wie z.B. professionell betriebene Blogs, die dem Lebensunterhalt dienen. (Zu der Kategorie gehört dieser Blog leider nicht 😉 )

Wer mehr zu den Unterschieden zwischen Bloggern und Journalisten wissen will, wird hier im Blog oder drüben bei Sandra im Blogland und Marvin von den Weltenschumnmlern fündig.

Der Leser entscheidet, was (und wo!) er lesen will

Um den Bogen zur Ausgangsfrage zu schliessen („Was haben Blogger auf Presseveranstaltungen verloren?“) kann man sich das sowohl von der Veranstalter- als auch von der Leserseite anschauen.

Die Zielgruppe im Blick: was will der Leser?

Sowohl der Journalist als auch der Blogger schreiben, um gelesen zu werden. Sie schreiben eben nur in unterschiedlichen Medien und in einen unterschiedlichen Schreibstil. Das ist nicht konkurrierend, sondern sowohl das Sachlich-Informative in den Printmedien als auch der persönliche Erfahrungsbericht in den Blogs hat seine Leser- und Zielgruppe.

Und der Leser unterscheidet nicht nach Blogger oder Journalist. Er unterscheidet nach Printmedium und Onlinemedium. Je nach Tageszeit, Lust, Laune und Kontext hat man eben die Tageszeitung beim Frühstück in der Hand oder das iPad abends auf dem Sofa. Und dort werden sowohl Blogs als auch die Online-Auftritte der Printmedien gelesen – eben dort, wo die Informationen zu finden sind, die man sucht.

Blogger Relations: Presseveranstaltungen für Journalisten und/oder Blogger?

Auf Seiten derjenigen, die die Schreibende Zunft mit Informationen versorgen möchte, verhält es sich ähnlich: den Kanal, über den ich meine Zielgruppe erreichen kann, versorge ich mit Informationen. Blog, Print oder beides.

Es stellt sich bloss die Frage, ob ich die Blogger genauso versorgen kann und will wie einen Journalisten oder nicht. „Eher nicht“, sagen z.B. PR-Blogger Klaus Eck und Björn Tantau von t3n. Blogger Relations nennt sich das. Die Gründe liegen auf der Hand, wie oben geschrieben: Blogger arbeiten, recherchieren und schreiben anders als Vertreter von anderen Medien. Anders, aber nicht schlechter.

Auch Journalisten sind auch Blogger sind auch Journalisten….

Ich habe schon gute Veranstaltungen gesehen, bei denen das Setting (Technik, Räumlichkeiten, …) sowohl für Vertreter der Printmedien als auch für die Blogger verwendet wurde. Nur die Agenda und Inhalte unterschieden sich etwas (Blogger verwenden z.B. mehr Zeit damit, ein Produkt zu begutachten und zu testen. Ein klassischer Journalist sucht Gespräche mit Unternehmensvertretern für Hintergrundinfos und Zitate). Und das hat gut funktioniert, da sich jede Gruppe spezifisch angesprochen fühlte.

Ob jemand nun Journalist ist (oder als solcher gesehen wird) oder nicht, hängt also nicht davon ab, ob er in einem Blog oder einer Tagesszeitung schreibt. Er ist Journalist, weil er journalistisch tätig ist.

Denn während „Bloggen“ zunächst nur etwas über die Technologie aussagt, wie Artikel im Internet veröffentlicht werden, sagt es noch wenig über den Inhalt der Artikel und die Leserschaft aus. Ein Blog, betrieben von einem Journalisten, ist eben auch Journalismus.

Ein kontrovers diskutiertes Thema. Wie denkst Du dazu?

Christoph
Christophhttps://www.marktding.de/christoph-ludewig
betreibt Marktding.de. Ausserdem ist er B2B-Marketer und Stratege mit einer Vorliebe für Wachstumsstrategien und der Entwicklung und Vermarktung von Dienstleistungen und technischen Produkten. Sein besonderes Faible gilt der Entwicklung von produktbegleitenden Dienstleistungen. Mehr über Christoph hier im Blog.

6 Kommentare

  1. Wir, eine Institut für Aus- und Weiterbildung für Manager in St. Gallen, haben im Rahmen von Schulungen und Beratungskonzeptionen zunehmend erkannt, dass Blogger auf alle Fälle die neuen Journalisten sein werden. Viele KMUs entscheiden sich heute anstatt einer kostenintensiven Offline Strategie für Digital PR und so den Kontakt zu Bloggern und Online Journalisten. Das “kommunikative Grundrauschen” soll über Soziale Medien, Blogs respektive das Internet als solches erzeugt werden. Viele Unternehmungen sind dabei davon überzeugt, dass der Offline Bereich an Bedeutung verlieren wird. Entsprechend werden auch Budgets zunehmend in den Online Bereich umgeleitet und nach Verbindungsaufbau zu Bloggern gefragt. Ob Blogger bessere oder schlechtere Journalisten sind, können wir nicht beantworten. Auf alle Fälle konkurrieren Sie auf einem riesigen Markt miteinander und müssen – wollen Sie erfolgreich sein – ihre Qualität permanent unter Beweis stellen. Dies wird bei schlechter Recherche kaum funktionieren.

    • Hallo und vielen Dank für den Kommentar.
      Der Hinweis ist gut – der Konkurrenzdruck unter Bloggern und (Online-)Journalisten ist groß. Sowohl untereinander als auch innerhalb der Gruppen. Blogger, die nebenberuflich ihren Blog betreiben, leiden da vielleicht nicht so sehr drunter. Dafür haben Journalisten aufgrund Ihrer Ausbildung und Erfahrung eher die Chance, gut zu recherchieren und dadurch bessere Qualität zu liefern.

  2. Hi Christoph, vielen Dank für deinen umfassenden und verständlichen Artikel, den ich komplett so unterschreiben kann.
    Ich selbst blogge seit etwa zwei Jahren und habe jetzt mit dem Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft begonnen.
    Auch hier werden „Blogger“ ziemlich schnell verallgemeinert, belächelt und beschimpft. Auch der Trugschluss, dass Blogs keine Reichweite haben wird hier noch gelehrt. Mal sehen wann an der Universität ein Umdenken erfolgt.

    Cheerio,
    Steven

    • Hi Steven,
      schönen Blog hast Du übrigens.
      Und Du kannst ja aktiv dazu beitragen, dass ein Umdenken stattfindet. Viel Erfolg damit – im Sinne aller Publizierenden.
      Grüße
      Christoph

  3. Danke für diesen Beitrag, der mit klaren Worten auseinanderdröselt, was uns allen manchmal verwirrend erscheint. Dein abschließender Satz ist sicher richtig; ich selbst bin bloggende Journalistin und spüre oft den Unterschied zu Blogger-Blogs, die, wie Du sagst, mehr persönlichen Charme und auch Tagebuch-Charakter haben. Wobei ich ergänzen würde, dass auch ein Nicht-Journalist unter Umständen in seinem Blog Journalismus betreibt, und auch der erprobte Journalist verlässt manchmal beim Bloggen das typisch Journalistische; die Grenzen schwanken ein wenig, aber das ist im Sinne der Vielfalt doch ganz gut!

    Herzliche Grüße,
    Maria-Bettina

    • Hallo Maria-Bettina,
      danke für Deinen Kommentar. Freut mich, dass Dir der Beitrag gefällt. Es ist ja durchaus ein Thema, welches kontrovers diskutiert werden kann. Deine Ergänzung, dass auch Nicht-Journalisten journalistisch tätig sein können, ist natürlich auch völlig richtig. Es unterstreicht den Punkt, dass „Blog“ eigentlich „Technologie“ meint und „Journalismus“ für „Inhalt“ steht.

      Grüße
      Christoph

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