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Kunden Case Studies: Lass andere reden!

Wie treffe ich Kaufentscheidungen? „Kunden die dieses Produkt gekauft haben, haben auch jenes Produkt gekauft“, liest man auf immer mehr Webseiten. Und in einem Online-Shop gesuchte Produkte werden standardmäßig nicht nach Preis, sondern nach Kundenbewertung sortiert. Bevor ich ein Hotel buche, schaue ich mir erst die Kundenreferenzen in den einschlägigen Portalen an. Und ich prüfe Nutzerkommentar in den Foren, bevor ich mich zum Kauf eines Produktes entschliesse.

Die Gemeinsamkeit?  Meine Kaufentscheidung basiert nicht auf den Informationen, die ich vom Anbieter bekomme. Ich informiere mich höchstens in den Produktbroschüren und auf den Webseiten zu den technischen oder faktischen Eigenschaften eines Produktes und ob es meinen Bedürfnissen entspricht. Trifft das für mehr als ein in Frage kommenden Produkt zu, so bekommt die Kundenbewertung ein sehr hohes Gewicht in meiner Kaufentscheidung.

Kaufempfehlungen sind Kunden Case Studies im B2B-Bereich

Ok, das war Konsum und Kaufentscheidung im Privatbereich. Gilt das auch im B2B?

Und ob – meines Erachtens sogar noch ausgeprägter. Die im B2B nachgefragten Produkte, sofern keine Einzelanfertigungen wie im Maschinenbau, sind oftmals nur sehr schwer über verschiedene Anbieter hinweg zu vergleichen. Egal, ob es ein neues Laptop-Modell für die Mitarbeiter, die Werbeagentur oder das CRM-System ist – es gibt eine Vielzahl an Anbietern und ein objektiver Produktvergleich ist kaum möglich.

Zwar werden in umfangreichen Anforderungsheften die gewünschten Produkteigenschaften definiert, diese dienen aber in erster Linie dazu, dass

  1. die Fachbereiche in dem einkaufenden Unternehmen ein klares Bild über das zu beschaffende Produkt bekommen
  2. die schier unendliche Anbieterauswahl aufgrund rationaler Kriterien auf ein überschaubares Maß reduziert werden kann.

Dazu passt auch: Der Einkaufprozess ist im Schnitt schon zu 57% abgeschlossen (und damit eine Entscheidung vorab getroffen), bevor der Anbieter kontaktiert wird, laut einer Studie von CEB und Google. Es wird nur noch der Preis mit dem Anbieter verhandelt.

Wenn Du nicht bis zu dem Punkt gekommen bist, helfen Dir auch die besten Verkäufer nicht weiter. Was tun?

Lass andere für Dich sprechen

Neben dem offensichtlichen, wie Online-Präsenz, PR, etc. halte ich Kunden Case Studies für ein probates Mittel, in die engere Auswahl bei den B2B-Kunden zu kommen. Wenn der Kunde nicht direkt mit mir reden will, so lasse ich andere Kunden für mich sprechen.

Wenn andere Kunden bereit sind, als Referenz für mein Unternehmen oder meine Produkte zur Verfügung zu stehen, so

  • sind sie überzeugt von den Produkten / dem Unternehmen
  • zufrieden mit den Leistungen
  • und berührt von der Marke und den Menschen dahinter

Ein tolles Zeugnis, wie ich finde.

Wie werden Kunden Case Studies erstellt

Es gibt einige Sachen, die bei der Erstellung der Kunden Case Studies zu berücksichtigen sind. Und auch einige Erfahrungswerte, wie man am sinnvollsten dabei vorgehen kann.

Auswahl der Kunden: Die guten ins Töpfchen, …

Welche Kunden sollte und kann man in die engere Wahl als potentielle Referenzkunden ziehen?

  • Bereitschaft: Die Kollegen aus dem Vertrieb wissen, welcher Kunde möglicherweise schon mal sein Interesse an einer Zusammenarbeit geäussert hatte – oder welchem dieses Versprechen in der Preisverhandlung abgerungen wurde.
  • Zielgruppen-fit: Die ausgewählten Kunden sollten die verschiedenen Zielgruppen / Zielbranchen des Unternehmens abdecken und die nach Möglichkeit die verschiedenen Einsatzbereiche der Produkte beschreiben.
  • Zufriedenheit: Die Kunden Case Studies sollten natürlich nur mit zufriedenen Kunden erfolgen – und diese Kunden sollten einen Vorteil durch den Einsatz der Produkte beschreiben können, der auch bei anderen Unternehmen erreicht werden könnte. Ein zu spezifischer Produkteinsatz oder gar Zweckentfremdung hilft nicht dabei, andere Kunden zu überzeugen.

Die Umsetzung: denken, hören, schreiben. Fertig.

Bleistift mit Wort "Inspiration"Eigentlich ist es relativ einfach – etwas Vorbereitung, ein Telefonat, gute Schreibe und Layout reichen aus, um eine Case Study zu erstellen.

Vorbereitung: was will ich wissen?

Nach dem der Kunde ausgewählt ist, solltest Du Dir überlegen, was Du in der Case Study aufführen willst. Ein paar relevante Daten zum Kunden brauchst Du zur Vorbereitung (Kontaktdaten, Branche, Ansprechpartner, Umsatz, eingesetzte Produkte, …) und dann ein paar schlaue Fragen, die Du dem Kunden stellen willst. Dazu hilft ein strukturiertes Vorgehen, z.B. nach der Gossey-Methode. Mit den Fragen willst Du herausfinden, wie und mit welchem Nutzen der Kunde Deine Produkte einsetzt. Schliesslich möchtest Du ja den Kundennutzen anderen (potentiellen) Kunden glaubhaft nahebringen.

Die Fragen könnten z.B. sein:

  • Warum haben Sie sich für unser Unternehmen / das Produkt XY entschieden?
  • Haben Sie messbare Kostenersparnisse / Umsatzsteigerungen seitdem Sie XY verwenden?
  • Profitieren Ihre Kunden davon, dass Sie XY einsetzen?

Informationsrecherche: Das Interview

Nachdem Du gut vorbereitet bist, kannst Du den Kunden anrufen und Dich mit ihm unterhalten – nicht ihn ausfragen! Die vorbereiteten Fragen dienen dabei als Gesprächsleitfaden für Dich. Notiere Dir alles, was der Kunde sagt und achte auch darauf, ob er Dir schon ein passendes Zitat liefert, welches Du in die Case Study einbauen kannst.

Das Interview sollte nicht länger als 30 Minuten dauern, danach kommen üblicherweise keine neuen Erkenntnisse mehr.

Aufbereitung: Text und Layout ergeben das Gesamtbild

Nun gilt es, aus der Menge der vorhandenen Informationen die richtigen und relevanten herauszufischen und einen schönen Text mit Mehrwert für den Leser zu schreiben. Andere Kunden oder Interessenten suchen nach Parallelen von dem beschriebenen Kunden zum eigenen Unternehmen, um so abschätzen zu können, ob Dein Produkt ähnlich erfolgreich wie bei dem Referenzkunden zu Einsatz kommen könnte. Daher brauchst Du etwas Fingerspitzengefühl beim Schreiben: Es wird zwar ein konkreter Kunde beschrieben, andere sollen sich dort aber wiederfinden können.

Und zum Inhalt: gerade beim B2B-Marketing interessiert natürlich ein quantitativer Nutzen – was konnte der Kunde sparen oder mehr an Umsatz erwirtschaften?

Steht der Text, so sollte er noch grafisch aufbereitet werden. Ich persönlich finde DIN A4-Format – Vorder- und Rückseite bedruckt im eigenen CI/CD sehr schön. Zu Beginn sollten ein paar Fakten zum Referenzkunden kommen, inkl. Logo.

Ganz wichtig: Ansprechpartner namentlich, mit Funktion und Kontaktdaten (Telefonnummer), nennen. Das erhöht die Glaubwürdigkeit ungemein: Der Leser hat das Gefühl, dass der Kunde mit seinem Namen zu den Aussagen steht und zur Bestätigung auch angerufen werden kann. Eben keine Werbung, sondern eine echte Referenz. (Das Einverständnis des Kunden dazu muss natürlich eingeholt werden – sinnvollerweise, bevor das Interview überhaupt beginnt.)

Dann folgt der Text inkl. der Kundenzitate und zur Auflockerung auch ein paar Bildern. Das sollten Bilder des Kunden, keine Produkt- oder Imagefotos Deines Unternehmens sein.

Denn wie schon die ganze Zeit gilt: In den Kunden Case Studies spricht der Kunde, nicht Du.

Setzt Du Case Studies ein? Hast Du schöne Beispiele dafür?

Christoph
Christophhttps://www.marktding.de/christoph-ludewig
betreibt Marktding.de. Ausserdem ist er B2B-Marketer und Stratege mit einer Vorliebe für Wachstumsstrategien und der Entwicklung und Vermarktung von Dienstleistungen und technischen Produkten. Sein besonderes Faible gilt der Entwicklung von produktbegleitenden Dienstleistungen. Mehr über Christoph hier im Blog.

2 Kommentare

  1. Hallo Christoph,

    liest sich gut. Den Vergleich zwischen B2C-Produktbewertung als Entscheidungstreiber und Case Studies im B2B finde ich argumentativ sehr hilfreich.

    Nicht Verschweigen darf man aber die realen Tücken des B2B in Bezug auf Case Studies. Gerade im Investitionsgüterbereich trifft man oft auf Kunden, die nicht dazu bereit sind – egal welche Qualität die eigenen Leistung hat/hatte. Logoverwendung wird untersagt, Innenraum- oder Anlagenbilder dürfen nicht gezeigt werden bis hin zum kompletten vertraglichen Verbot.

    Dein Hinweis auf das Thema Bereitschaft des Kunden und das Abrringen einer solchen „Kooperation“ im Rahmen einer Preisverhandlung wird da umso wichtiger. Hier gilt es Marketing + Vertrieb + Verkauf auf eine Linie zu bringen. Nicht leicht aber es lohnt.

    Beste Grüße

    Moritz Neuschitzer

    • Hallo Moritz,

      danke für Deinen Beitrag. Du hast recht – den Kunden zu überzeugen, mitzumachen, ist eine große Hürde. Ich habe festgestellt, dass Kunden, die selber Marketing-affin sind, eher zu überzeugen sind: Sie sehen die Case Study auch als Werbeinstrument für sich selber.

      Grüße
      Christoph

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