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Der Chef als Werbetestimonial – geht das gut?

Neulich im Radio: „Seitenbacher-Müsli, das schmeckt. Müsli von Seitenbacher, lecker, lecker, lecker. Karle, das musst Du probieren, das Seitenbacher-Müsli. Müsli von Seitenbacher.“ So oder so ähnlich war das. Mal von dem Sinngehalt abgesehen ist das besondere an diesem (und vielen ähnlichen Radiospots): Der Chef spricht selbst.

Und Willi Pfannenschwarz steht dazu: Marktforschung sei überbewertet, Werbung sei einfach. Er nimmt die Spots abends im heimischen Tonstudio auf.

Die Seitenbacher-Werbung polarisiert – viele sind von ihr genervt, manche finden sie kultig. Aber alle reden drüber! Hat damit die Werbung ihr Ziel erreicht? Seitenbacher gehört zu den 5 größten Müsliherstellern in Deutschland und setzt mit 140 Mitarbeitern zwischen 5 und 10 Mio Euro um  – W&V findet: „Die Penetranz als Werbestrategie geht auf.“

Welche Chefs sind noch als Werbetestimonial aufgetreten?

Es gibt noch weitere Beispiele von Chefs, die als Werbetestimonial für die eigene Firma oder Produkte in Erscheinung getreten sind.

Claus Hipp – der Unternehmer als Frontmann

Claus Hipp, Chef des gleichnamigen Kindernahrungsherstellers, wirbt regelmäßig „mit seinem Namen“ und „bürgt persönlich für die Qualität seiner Produkte“. Und das schon seit Jahren. In diesem Fall finde ich das Werbetestimonial glaubwürdig, da er kontinuierlich auftritt und das ganze Unternehmen und Kommunikation auf die Person „Claus Hipp“ ausgerichtet ist. Das geht so lange gut, so lange er als Testimonial auftreten kann. Der Generationenwechsel muss langfristig vorbereitet und sanft umgesetzt werden.

Dr. Dieter Zetsche – der Unternehmenslenker als oberster Verkäufer

Der heutige Vorstandsvorsitzende der Daimler AG trat zu seiner Zeit als Chrysler-Chef werbewirksam als „Dr. Z“ in Erscheinung: Sei es in selbstironischen Werbespots oder stilisierten Comics:

Das Auftreten von Dr. Z hat gute Kritiken bekommen, da Dr. Zetsche einige förderliche Merkmale mitgebracht hat, die ihn zu einem geeigneten Werbetestimonial gemacht haben: der markante Schnurrbart, der in den USA eher unübliche Titel „Dr.“, den deutschen Akzent sowie die Bereitschaft zu einer gewissen Selbstironie in der Öffentlichkeit.

Es muss nicht immer der Chef sein

Bild von Werbetestimonial Doc Martin
Werbetestimonial Doc Martin

Im Urlaub habe ich kürzlich nebenstehendes Plakat von Doc Martin gesehen. Werbung für Honig, der im Tintagel Honey Shop nebenan verkauft wird. Neben der „sehr direkten“ Kundenansprache („Stop talking…eat your honey“) fällt besonders der Doc an sich auf – nicht sehr fotogen…und es drängt sicht die Frage auf, was für ein Typ der Chef ist, der unbedingt für seinen eigenen Honig als Werbetestimonial in Erscheinung treten will.

Gott sei Dank nicht – das Internet gibt Entwarnung: es scheint eher eine Parodie zu sein, in Anlehnung an eine berühmte Fernsehserie aus England mit dem cholerischen Arzt Doc Martin in der Hauptrolle.

Dennoch möchte ich behaupten, dass ich nicht der einzige (Tourist) war, der in dem Motiv den Chef der lokalen Honigproduktion vermutet hat – und sich wenig eingeladen gefühlt hat, den Honig zu kaufen.

Und nun –  sollte der Chef zum Werbetestimonial werden?

Auch wenn viele Chefs meinen, Marketing kann jeder – nicht jeder Chef eignet sich zum Werbetestimonial.

Wichtig dafür ist aus meiner Sicht

  • Glaubwürdigkeit: Der Chef muss mit dem Unternehmen und den Produkten in Verbindung gebracht werden und in der Öffentlichkeit als Vertreter des Unternehmens bekannt sein.
  • Person: Er sollte ein gewisses Charisma, eine Ausstrahlung haben und sich in der Rolle des Testimonials wohlfühlen. Darüber hinaus – selbstredend – sollte sein Image in der Öffentlichkeit positiv sein.
  • Nachhaltigkeit: Eine Werbestrategie, die den Chef in den Mittelpunkt stellt, sollte langfristig angelegt sein. Nichts ist – auch im Nachhinhein – unglaubwürdiger als wenn der Chef nach nur kurzer Zeit das Unternehmen wieder verlässt. Claus Hipp steht als Frontmann seit über 40 Jahren für sein Produkt.
  • Selbstbewusstsein: Und der Chef sollte natürlich selbstbewusst auftreten und überzeugt von seiner Rolle als Chef und  als Werbetestimonial sein. Ist er das nicht, spürt  man das. Siehe Willi Pfannenschwarz – er ist überzeugt (zumindest wirkt er so) davon, dass seine selbstgemachten Radiospots gut und hilfreich für das Unternehmen sind.

Im Übrigen ist die Rolle des Chefs als Werbetestimonial nicht zu verwechseln mit der des „Sprachrohrs“ in der Öffentlichkeit – in der PR-Arbeit finde ich es immer sinnvoll, nur den Chef sprechen zu lassen und nicht wechselnde Gesprächspartner und Zitategeber zu verwenden.

Welche Beispiele – positive wie negative – kennst Du?

Christoph
Christophhttps://www.marktding.de/christoph-ludewig
betreibt Marktding.de. Ausserdem ist er B2B-Marketer und Stratege mit einer Vorliebe für Wachstumsstrategien und der Entwicklung und Vermarktung von Dienstleistungen und technischen Produkten. Sein besonderes Faible gilt der Entwicklung von produktbegleitenden Dienstleistungen. Mehr über Christoph hier im Blog.

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