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Verändert friendsurance die Versicherungsbranche?

photo: opensourceway

friendsurance möchte die Versicherungsbranche revolutionieren. Nicht mehr und nicht weniger. Die sogenannten „disruptiven“ Geschäftsmodelle – also solche, die das Potential haben, eine Branche zu verändern oder einen Markt zu erschaffen – üben immer einen gewissen Reiz aus: „Geht das wirklich?“ fragt sich der Skeptiker dabei gerne.

friendsurance hat sich aufgemacht, genau das zu beweisen.

Kaum Innovationen in der Versicherungsbranche

Die Versicherungsbranche ist nicht gerade dafür bekannt, innovativ zu sein. Natürlich versuchen die Versicherungsunternehmen mit neuen Produkten und Tarifen neue Kunden zu gewinnen. Das Versicherungsprinzip bleibt aber das gleiche: Der Kunde bezahlt eine Versicherungsprämie für eine Leistung, die er hoffentlich nie in Anspruch nehmen wird. Versicherungsunternehmen sind Spezialisten ist Mathematik, Risikobewertung und Kleingedrucktem. Nicht besonders sexy.

Aber es ist ein großer Markt – in Deutschland wurden im Jahr 2012 gut 180 Mrd. € an Versicherungsbeiträgen eingenommen.

Und  da mögen sich die Macher von friendsurance gedacht haben: eine seit Jahrzehnten unveränderte Branche mit einem angestaubten Image ist ein ideales Umfeld, um einen Teil in diesem Markt zu erobern.

friendsurance – Versicherung neu gedacht

Das Rezept von friendsurance lautet: ein bisschen Online, etwas Start-up, eine gute Prise Social, einen Tick jung, bunt und hipp – und fertig ist der Cocktail, mit dem die großen Versicherungskonzerne geärgert werden sollen.

Aber schmeckt er auch den Kunden?

Der Kern des Geschäftsmodells von friendsurance ist, dass ganz normale Hausrat-, Haftpflicht-, Rechtschutz- und Handyversicherungen miteinander verglichen und abgeschlossen werden können, diese aber mit einer Rückzahlung bei Schadensfreiheit gekoppelt sind. Besonderheit ist, dass die Schadensfreiheit nicht nur auf mich als Versicherungsnehmer bezogen ist, sondern auf „meine Freunde“, mit denen ich mich auf friendsurance verbinde.

  1. Das ursprüngliche Geschäftsmodell sah vor, dass die „Freunde“ zusätzlich zum Versicherungsbeitrag noch einen kleinen Obolus in ein „Gruppentöpfchen“ warfen, aus welchem dann Bagatellschäden im Freundeskreis bezahlt wurden. Damit wurde die Versicherung nicht in Anspruch genommen und die Rückzahlung fiel noch höher aus bzw. der Beitrag wurde weiter abgesenkt. Das hat nicht funktioniert, da es wohl doch zu heikel war, dass ich für einen Schaden bezahlen muss, den ein „Freund“ von mir verursacht hat.
  2. Danach erfolgte eine Weiterentwicklung des Modells. Das „gemeinsame Töpfchen“ – und damit ein Kern des ursprünglichen Modells – wurde aufgegeben. Das Grundprinzip gilt aber immer noch: Je geringer die Schäden in meinem Netzwerk, umso höher die Beitragsrückzahlung.

Damit finde ich das Modell lägst nicht mehr so „disruptiv“ wie in der Ausgangsversion. friendsurance ist damit letztendlich ein Versicherungsvermittler mit einer Portion Darwinismus, wie es sehr schön in einem Spiegel-Artikel formuliert wurde: Wer viele Schäden produziert wird bald seine „Freunde 2.0“ und damit seine Chance auf Rückerstattung der Versicherungsbeiträge verlieren.

Was  macht friendsurance besonders

Dennoch sind ein paar Komponenten erhalten geblieben, die friendsurance von anderen Versicherungsvermittlern abheben

  • Grafik Versicherungsbetrug: ca 10% aller Schadensfälle sind Betrugsfälle - die können durch friendsurance reduziert werden
    Quelle: GDV e.V.

    Vertrieb durch Kunden: Der Traum eines jeden Geschäftemachers ist es, wenn die eigenen Kunden den Vertrieb übernehmen. Bei friendsurance funktioniert das. Da man von friendsurance erst richtig profitiert, wenn man einen großen, schadensfreien „Freundeskreis“ hat, werden viele Kunden ihre Freunde oder Familie motivieren wollen, ebenfalls eine Versicherung bei friendsurance abzuschließen. Dadurch wird nicht nur vertrieben, sondern gleich auch die „richtigen“ (sprich: hoffentlich schadensfreien und damit profitablen) Kunden angeworben.

  • Anreizsystem zum Kostensparen: Die Win-Win-Situation zwischen Versicherer und Versichertem bedeutet, dass beide sparen. Friendsurance liefert den Versicherern profitable Kunden, diese honorieren das durch niedrigere Beiträge. Natürlich lassen sich nicht alle Schäden vermeiden. Man kann aber davon ausgehen, dass ca. 10% aller gemeldeten Schadensfälle Betrugsfälle sind. Allein dieser Anteil wird in einem friendsurance-Netzwerk zurück gehen, da man damit nicht nur der Versicherung, sondern seinen Freunden und sich selber schadet. Nach Angaben von friendsurance werden tatsächlich 40% weniger Schäden gemeldet als bei herkömmlichen Versicherungen.

Ideen sind gut, Umsetzung ist entscheidend

Gute Ideen müssen einfach (erklärbar) sein. Gerade, wenn man den Anspruch hat, die Spielregeln in einer Branche zu verändern. Geniale disruptive Ideen führen meistens zu einem „da hätte ich auch drauf kommen können!“ Wie Facebook: Die Basis, eine Plattform für „Profilseiten mit Nachrichtenaustausch“ zu entwickeln, ist relativ simpel. Genauso wie Online-Banken, die gar keine Filialen mehr haben. Oder Appstores.

Es kommt letztendlich darauf an, die Idee auch konsequent und schneller als andere umzusetzen: Technologie und Prozesse entwickeln, Kunden überzeugen, Bekanntheitsgrad aufbauen. Ohne Wenn und Aber. Dadurch zeichnen sich Amazon, Apple, Zalando und Google aus, um nur einige Beispiele zu nennen.

Und friendsurance hat auch eine sehr charmante Idee entwickelt, wie „Versicherungen 2.0“ aussehen können. „Disruptiv“ würde ich das noch nicht bezeichnen, aber es ist eine Weiterentwicklung des klassischen Versicherungsvertriebs, die sowohl Kunden zu Multiplikatoren macht als auch ein Anreizsystem schafft, Kosten bei allen Beteiligten zu senken und damit Wirtschaftlichkeit zu steigern.

Bist Du Kunde bei friendsurance? Hast Du Erfahrungen damit gesammelt?

Christoph
Christophhttps://www.marktding.de/christoph-ludewig
betreibt Marktding.de. Ausserdem ist er B2B-Marketer und Stratege mit einer Vorliebe für Wachstumsstrategien und der Entwicklung und Vermarktung von Dienstleistungen und technischen Produkten. Sein besonderes Faible gilt der Entwicklung von produktbegleitenden Dienstleistungen. Mehr über Christoph hier im Blog.

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