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Eine Führungskraft braucht Follower, keine Mitarbeiter

In der Studie zur „Marketingorganisation der Zukunft„, über die ich kürzlich berichtet habe, bin ich über eine Aussage gestolpert, die mich nicht mehr losgelassen hat: „Eine Führungskraft braucht Follower, keine Mitarbeiter.“ Die Studie beleuchtet das Umfeld und die Herausforderungen Marketing und leitet sehr schön vier verschiedene Zukunftsszenarien ab.

Eine der genannten Rahmenbedingungen und Umfeldveränderungen betrifft die Arbeitswelt und die Ansprüche junger Mitarbeiter. Was dieses an Herausforderung und Veränderung für die Führungskraft bedeutet, wirst Du am Ende des Artikels wissen.

Warum sind Mitarbeiter heute anders als früher?

Ich habe im Jahr 1994 das erste Mal vom Internet gehört und fand es faszinierend, dass ich Text an einem Computer schreiben konnte, der an einem anderen gelesen werden kann. Das Internet hatte sogar noch so etwas wie ein Inhaltsverzeichnis, genannt Yahoo!.

Die Mitarbeiter, die ich heute einstelle sind 1994 in die Schule gekommen. „Social“, „Mobile“, „Sharing“ und „Connected“ ist für sie nichts faszinierendes, sondern die Normalität.

Die Firmen, die es 1994 noch gar nicht gab, dominieren heute den Alltag. Startups sind wertvoller als Großkonzerne.

All das zusammen führt zu einer veränderten Einstellung zum Arbeitsleben bei der Generation Y. Ich will nicht sagen, dass sie weniger zielstrebig oder fleissig sind – im Gegenteil: sie wissen sehr genau, was sie wollen und sind bereit, dafür hart zu arbeiten. Aber – und das ist der große Unterschied – zu ihren Regeln.

Neulich hörte ich von einem Bewerber bei einer bekannten Unternehmensberatung. Ihm wurde viel Geld geboten, ein Firmenwagen, Projekte an den interessantesten Plätzen dieser Welt. Er jedoch entgegnete: „Wenn ich auf den Dienstwagen verzichte, dafür eine Bahncard bekomme – und wenn ich auf etwas Geld verzichte, dafür aber auch weniger arbeiten würde…wäre das auch OK für Sie?“ Darauf wusste das Unternehmen keine Antwort.

Diese Anekdote spielt aber sehr gut wieder, wie junge Mitarbeiter denken: Geld und Status ist nicht so wichtig. Mobilität ja, aber es muss kein eigenes Auto sein. Sie möchte selbstbestimmt sein, binden sich auch nicht ein Arbeitsleben lang an einen Arbeitgeber. Klassische Karrierewege interessieren nicht. Ja, selbst Karriere an sich ist nicht so wichtig – wichtiger ist der Spass am Job, das Umfeld, flexible Arbeitszeiten und Fokus auf die Sache, nicht die Unternehmenspolitik. Karriere wird nicht an der Zahl der Mitarbeiter oder der Höhe des Budgets gemessen, sondern an der Bedeutung der Aufgabe oder des Projekts.

Die Führungskraft von heute muss anders denken

Und damit sind die jungen Mitarbeiter auch nicht mehr mit den klassischen „Karotten“ Geld und Hierarchie zu steuern und zu führen. Die Führungskraft braucht daher andere Mechanismen, um Mitarbeiter zu motivieren. Das ist insofern schwierig, weil diese Mechanismen bei der Führungskraft selber, klassisch konditioniert, ins Leere laufen würden. Erstmals greift das Patentrezept „ich führe so, wie ich selbst geführt werden möchte“ nicht mehr.

Der Chef muss seinen Mitarbeitern, die sich auch eher als Mitdenker als Mitarbeiter sehen, Freiraum geben und sie überzeugen, ihm zu folgen. Das tun sie nämlich nicht per se.

Damit werden sie, um in ihrer eigenen Sprache zu bleiben, Follower.

Das wird insofern auch aus einem anderen Grund wichtig: In der o.g. Studie wird ein spannendes Szenario aufgeführt. Unter dem Begriff „Holakratie“ wird eine neuartige Organisationsform diskutiert, die bei dem einen oder anderen Unternehmen bereits ausprobiert wird. Im Kern geht es dabei um Abschaffung bzw. Abflachung der Hierarchien und mehr eigenverantwortliches Arbeiten. In der Praxis könnte das so aussehen, dass Themen, Projekte und Entscheidungen nicht mehr Top-Down vorgegeben werden, sondern die Mitarbeiter selbstständig Ideen entwickeln und umsetzen. Um das zu tun, müssen sie andere Personen im Unternehmen begeistern, an ihrer Sache mitzuarbeiten. Die besseren Ideen und überzeugenderen Mitarbeiter sind erfolgreich. Sie werden viele Follower haben.

Noch sind wir in vielen Unternehmen nicht soweit, ja, ich bin mir sogar nicht mal sicher, ob das der beste Weg. Aber unbestritten geht die Tendenz in diese Richtung. Eine Führungskraft kann heute nicht mehr allein auf Grund seines Job- oder Hierachietitels führen. Die virtuelle und informelle Organisation in den Unternehmen wird immer stärker. Das heisst, geführt wird aus Überzeugung. Derjenige mit den meisten Followern ist die stärkste Kraft im Unternehmen.

Wie bekommt man Follower

Spannend ist natürlich die Frage, wie Du als Führungskraft viele „Follower“ bekommst. Die Analogie mit den Sozialen Netzwerken, aus denen die Begrifflichkeit entlehnt wurde, hilft:

  • Netzwerk aufbauen: Nicht nur Follower haben, sondern auch Follower sein bedeutet ein großes Netzwerk zu haben.
  • Netzwerk pflegen: Du musst präsent sein in Deinem Netzwerk – auch wenn Du den einen oder anderen Follower im Moment nicht brauchst, in Zukunft könnte er Dir helfen.
  • Inhalte teilen: Sharing – teile Informationen mit Deinem Netzwerk und lasse es teilhaben an Deinen Aktivitäten
  • Like: Zeige, wenn Dir etwas gefällt – damit bestärkst Du diejenigen, die etwas teilen und teilst selber mit Deinen Followern
  • kein Spam: übertreibe es aber nicht – Qualität vor Quantität
  • Präsenz: sei „online“, egal wo Du bist. Wenn andere Dein Interesse, Deine Präsenz und Deine Geschwindigkeit spüren, so sind sie eher bereit, Dir zu folgen
  • be nice: das versteht sich von selbst, ist aber trotzdem wichtig – sympathischen Leute wird eher gefolgt. Und: wer heute Dein Mitarbeiter ist, könnte morgen Dein Chef sein.

(Im Übrigen sind diese Punkte nicht nur in den unternehmenseigenen oder -externen Online-Netzwerken anzuwenden – sondern sie beziehen sich auf jegliche Form der Kommunikation, sei es per Mail, im persönlichen Gespräch, im Meeting, etc.)

Und ganz wichtig: Die Reflektion. Frage Dich, ob Du „Untergebene“ oder „Follower“ haben willst. Falls ersteres, dann suche Dir den Arbeitgeber mit der dazu passenden Unternehmenskultur aus.

Wie läuft das bei Euch? Eher traditionell oder modern? Spürst Du eine Veränderung?

Christoph
Christophhttps://www.marktding.de/christoph-ludewig
betreibt Marktding.de. Ausserdem ist er B2B-Marketer und Stratege mit einer Vorliebe für Wachstumsstrategien und der Entwicklung und Vermarktung von Dienstleistungen und technischen Produkten. Sein besonderes Faible gilt der Entwicklung von produktbegleitenden Dienstleistungen. Mehr über Christoph hier im Blog.

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