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Produktnamen sinnvoll einsetzen

Ein Dauerbrenner im Marketing: „Wir brauchen einen Namen für das neue Produkt, das neue Feature oder die neue Aktion!“ Gerne soll alles gebrandet werden und jede Schraube einen eigenen Markennamen bekommen. Aber wie viel Brand ist sinnvoll und wie findet man einen guten Produktnamen?

In diesem Beitrag geht es in erster Linie um die Benamung von Produkterweiterungen und produktbegleitenden Features, nicht das Hauptprodukt selber. Creme heißt nicht Creme, sondern Hydra Energy Xtreme Feuchtigkeits-Fluid Turbo Aufwach-Kick. Fernseher haben Full HD 3D mit Dynamic Edge LED mit Frame Dimming, X-Reality, 4fach High-Speed-3D-Display, Motionflow XR 400 Hz und S-Force Front Surround 3D – und das alles in einem Gerätblank (affiliate link)! Stark.

(Nachtrag 5.9.2012: Noch mehr schöne Beispiele – aus der wunderbaren Welt der Kosmetik – finden sich bei brandharder.de. Lesenswert!)

Nicht alles braucht einen eigenen Produktnamen

Gerade bei dem letzten Beispiel wird deutlich, dass viel auch manchmal zu viel sein kann. Für ein einzelnes Feature mag es noch sinnvoll sein, einen eigenen Namen zu kreieren, um diese Produkteigenschaft dadurch besonders hervorzuheben. Wird dieses Vorgehen jedoch für viele Produktfeatures gewählt, so verwässert der Effekt und der Kunde weiß nun gar nicht mehr, was das besondere an dem Produkt ist.

Um zu beurteilen, ob es sinnvoll ist, eine Produktkomponente mit einem eigenen Namen zu versehen, hilft Euch vielleicht folgende Kategorisierung:

  1. nicht produkt-prägende Komponenten brauchen keinen Namen: Ein Feature, welches selbstverständlich zu dem Produkt dazu gehört und keine – im Wettbewerb – besonderen Eigenschaften vorweist, braucht auch keinen künstlichen Namen. Eine Schraube ist eine Schraube. Ein Glas-Display für ein Smartphone oder Tablet ist ein Glas-Display. Wenn es jedoch robuster, leichter, widerstandsfähiger und kratzfester als alle andere Displays ist, kann man es Gorilla-Glas branden.
  2. produkt-charakterisierende Eigenschaften können einen beschreibenden Namen bekommen: um besondere Merkmale eines Produktes in der Kundenkommunikation hervorzuheben, könnt ihr ihnen einen charakterisierenden oder beschreibenden Namen geben, aber keinen Kunstnamen. Dazu gehört zum Beispiel die (nicht existierende) Piemont-Kirsche
  3. wettbewerbs-differenzierende Produkteigenschaften können einen Markennamen bekommen: für besondere Innovationen in Eurem Produkt oder Eigenschaften, die kein Wettbewerber hat, könnt Ihr Euch überlegen, diese zu branden. Das kann helfen, die wettbewerbs-differenzierenden Eigenschaften besser zu vermarkten und beim Kunden zu verankern.
  4. Sonderfall: bepreiste und optionale Produktkomponenten brauchen einen Namen: Immer dann, wenn ein Kunde sich ein Produkt aus mehreren Modulen konfigurieren kann, brauchen die einzelnen Module selbstverständlich eine Bezeichnung – hier gilt aber das oben gesagte: Bezeichnungen für nicht-prägende Komponenten, höchstens beschreibende Namen für charakterisierende und Markennamen für wettbewerbs-differenzierende Produktkomponenten.

Namensfindung ist ein Kreativprozess

Bei der Findung und Bewertung von Produktnamen solltet Ihr Euch immer in die Lage des Kunden versetzen – welche Wirkung, welche Assoziation, welche Emotion, welches Verständnis löst der Name beim Kunden aus?

Die Namensfindung ist letztendlich ein Kreativprozess. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht,

  • zunächst in Form eines Briefings die Eckpunkte zu definieren: um welches Produkt geht es, welche ähnlichen Produkte haben wir im Portfolio, wie heißen ähnliche Wettbewerbsprodukte, was ist der Kundennutzen und Wettbewerbsvorteile, wie sehen die Vermarktungsschwerpunkte aus, etc.
  • dann in einer kleinen Gruppe Namensvorschläge zu erarbeiten: ideale Gruppengröße halte ich für 5-7 Personen, heterogen zusammengesetzt – also nicht nur Marketing & Kommunikation, sondern auch z.B. Vertreter von Entwicklung, Vertrieb, IT, etc. einzubeziehen. Wichtig ist hierbei nicht unbedingt der funktionale Background, sondern dass die Kollegen unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungshintergründe mitbringen können.
  • einen Verantwortlichen zu benennen, der die Gruppe und den Kreativprozess steuert, z.B. durch Kreativitätstechniken.

Im Ergebnis sollte man dann idealerweise einen präferierten Namen gefunden haben, aber noch 2-3 weitere in petto haben. Denn es kann durchaus vorkommen, dass der Wunschname nicht verwendet werden kann – dieser muss zunächst noch ein paar Prüfungen bestehen.

Welche Produktnamen können verwendet werden?

Jeder kennt die missratenen Produktnamen: von der nach dem flugunfähigen Vogel Emu benannten ehemaligen australischen Fluglinie bis zur diebischen Elster, der „Elektronischen Steuererklärung“.

Damit Euch das nicht passiert, müsst Ihr den gefundenen Namen noch nach allen Seiten abprüfen:

  • Flurtest: Optional, aber manchmal recht hilfreich ist der Flurtest – einfach einige Kollegen befragen, was sie von dem Namen halten. Besonders, wenn ihr sehr fixiert auf einen bestimmten Namen seid, kann das helfen, eine objektive Zweitmeinung zu bekommen.
  • Websuche: Es schadet nicht, Eure Lieblingssuchmaschine mal mit dem favorisierten Namen zu füttern und zu schauen, was dabei rauskommt.
  • Sprache: Wie hört sich der Name in einem regionalen Dialekt an? Soll der Name auch im Ausland verwendet werden? Hat der Name in einer Fremdsprache eine Bedeutung? Wie wird er in der Fremdsprache ausgesprochen? Von dem Negativbeispiel Pajero hat sicher jeder schon mal gehört…
  • Bedeutung: Gibt es eine andere Bedeutung für den Namen, die eventuell nicht zum Produkt passt (siehe auch Phaeton, der laut der römischen Mythologie den ersten Wagenunfall der Geschichte verursacht hat).
  • Markenschutz: Noch wichtiger ist die juristische Prüfung, ob der gewählte Name nicht schon anderweitig geschützt ist. Nicht, dass es Euch so ergeht, wie Google, die bis April 2012 in Deutschland nicht den Namen „gmail“ für sein E-Mail-Angebot verwenden konnte.
  • Domain und Webseite: Wenn eine eigene Produktwebsite geplant ist, sollte diese natürlich auch noch verfügbar sein. Kann z.B. hier abgeprüft werden.

Die Kreativleistung, den richtigen Namen zu finden, kann ich Euch nicht abnehmen (dafür werdet Ihr schließlich bezahlt 😉  ) aber mit der vorliegenden Vorgehensweise wird fällt es Euch hoffentlich leichter, den besten Namen zu finden.

Kennt Ihr eine Story zu bekannten Marken- oder Produktnamen, die auch andere Leser interessieren würde?

 

Christoph
Christophhttps://www.marktding.de/christoph-ludewig
betreibt Marktding.de. Ausserdem ist er B2B-Marketer und Stratege mit einer Vorliebe für Wachstumsstrategien und der Entwicklung und Vermarktung von Dienstleistungen und technischen Produkten. Sein besonderes Faible gilt der Entwicklung von produktbegleitenden Dienstleistungen. Mehr über Christoph hier im Blog.

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