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Roboterjournalismus: Bedrohung oder Chance?

Vor einiger Zeit hatte ich mir mal Gedanken dazu gemacht, ob Computer zukünftig den Journalisten ersetzen können. Damalige Schlussfolgerung war: Roboterjournalismus ist technisch möglich, ein Computer wird aber nicht in der Lage sein, Emotionen, Meinung und Entertainment in seinen Text einzubauen. Das kann nur ein Mensch.

Das Thema kommt immer wieder hoch. Zuletzt las ich einen Artikel über eine Agentur, die eine Technologie entwickelt hat auf Basis großer Datenmengen ohne Beteiligung von Journalisten Artikel auszuformulieren. Roboterjournalismus eben. Zunächst mal für Sportberichterstattung.

Das Programm kann bis zu 3,6 Millionen Texte pro Tag erstellen und verarbeiten. Und kann in kürzester Zeit den Inhalt komprimieren und ausformulieren.

Ein Ergebnis:

Mit 85 : 108 haben die Dallas Mavericks um Allstar Dirk Nowitzki gegen die Golden State Warriors verloren. Die Mavericks steigen damit auf Platz 8 in der Western Conference ab. Die Warriors steigen auf Rang 6 auf.

Ok, die Informationsvermittlung hat funktioniert. Mehr aber auch nicht. Somit bleibt das Fazit von oben – guter Journalismus kommt von Menschen – erstmal so stehen. Einen Pulitzerpreis für herausragende Recherche und Aufbereitung wird der Computer wohl erstmal nicht bekommen.

Saim Alkan, der Geschäftsführer der oben erwähnten Agentur, benennt die Vorteile, die eine textverarbeitende Software gegenüber dem Redakteur hat:

  • die Maschine kann in kürzester Zeit große Datenmengen verarbeiten,
  • kann Muster fehlerfrei erkennen und
  • ist – wenn es einmal funktioniert – extrem schnell und günstig
  • Das „Schreiben“ an sich kann die Maschine auch lernen – Grammatik und Orthographie sind auch „nur“ Regeln, die programmiert werden können

Aber was ist mit dem „gut schreiben“, der Semantik und Kreativität? Hier behaupte ich, auch das kann eine Maschine lernen. Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass eine Software das Spiel der Könige, Schach,  gegen einen Menschen gewinnen wird? Das hat zugegebenermaßen weniger mit Semantik als mit dem Verarbeiten großer Datenmengen zu tun, zeigt aber, wozu Computer befähigt werden können.

Bleibt noch eine letzte Bastion des menschlichen Journalismus: dem interpretieren von Zusammenhängen und verknüpfen von Informationen. Das ist erforderlich, um Texte in einen größeren Kontext einzuordnen und spannende Geschichten zu erzählen.

Insbesondere in der Berichterstattung zur Innen- und Aussenpolitik wird das deutlich: Ohne Hintergrundwissen zu den handelnden Personen, den Konflikten in der Welt und der Geschichte von Ländern und Regionen kann kein lesenswerter Artikel geschrieben werden.

Roboterjournalismus ist auf dem Vormarsch

Fragt man heute ehemalige Entscheider von Kodak oder Agfa, ob sie die Digitalfotografie als eine ernstzunehmende Entwicklung betrachten oder nicht, so wird die Antwort heute sicher anders ausfallen als vor 20 Jahren. Ich bin mal gespannt, was wir in 20 Jahren zu Künstlicher Intelligenz im Journalismus sagen?

Andererseits sollte niemand davon ausgehen, dass Roboter-Journalismus bloß eine Mode ist, die wieder verschwindet. […] Bei anspruchsvolleren Texten wird dagegen der Mensch für die Endbearbeitung noch sehr lange unerlässlich sein.” (Prof. Dr. Michael Hess, Leiter des Instituts für Computerlinguistik der Universität Zürich, im PR-Magazin)

Der Unterschied zwischen Information und Wissen

Es ist nicht zu verleugnen, dass die Digitalisierung, die IT und die Vernetzung das Berufsfeld des Journalisten stark beeinflussen.

Es wird dabei aber auch deutlich, dass zwischen Informationen und Wissen unterschieden werden muss. Computer können Informationen verarbeiten. Wissen zu vermitteln, zu verwenden und aufzubereiten ist aber die Domäne des menschlichen Redakteurs.

Und vor dem Wissen steht die Information, will sagen: das, was Computer verarbeiten können, muss auch irgendwoher kommen und von irgendwem geschrieben werden.

Geht man noch einen Schritt weiter, so könnte man den Roboterjournalismus durchaus als Unterstützung für den Redakteur verstehen. Wie in vielen anderen Branchen auch, werden Roboter zunehmend zur Steigerung der Automatisierung und Produktivität eingesetzt. Warum nicht auch im Journalismus? Wenn Computer die Informationen aufbereiten, Grundlagerecherche betreiben und Datenmengen durchforsten, so hat der Redakteur mehr Zeit für seinen Mehrwert – eben aus Informationen Wissen zu machen.

Zumal Google jetzt auch angekündigt hat, in den nächsten drei Jahren 150 Millionen Euro ausgeben zu wollen, um Innovationen im digitalen Journalismus in Europa zu fördern.

Was sagst Du dazu? Wie ist Deine Prognose zum Roboterjournalismus?

Christoph
Christophhttps://www.marktding.de/christoph-ludewig
betreibt Marktding.de. Ausserdem ist er B2B-Marketer und Stratege mit einer Vorliebe für Wachstumsstrategien und der Entwicklung und Vermarktung von Dienstleistungen und technischen Produkten. Sein besonderes Faible gilt der Entwicklung von produktbegleitenden Dienstleistungen. Mehr über Christoph hier im Blog.

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